Eine Frau mit Gepäck an der Grenze zu Kambodscha.

GRENZÜBERGANG: THAILAND NACH KAMBODSCHA (BATTAMBANG)

ZU FUSS NACH KAMBODSCHA

Ein bisschen unsicher bin ich schon, nachdem wir den Grenzübergang Kambodscha Battambang passiert haben. Möchte ich hier wirklich bleiben?, erwische ich meine Gedanken, während sich mein Magen zusammenzieht. Die Menschen hier sind arm., denke ich. Die Menschen sitzen auf der Straße im Dreck. Waschen dort ihre Wäsche. Neben ihnen das Essen auf dem Boden. Der Taxifahrer fährt auf einen Parkplatz, schreit zu anderen kambodschanischen Männern Dinge auf Khmer. Sie lachen. Wir werden angestarrt. Ich fühle mich vorgeführt. Wild-hupende Autos fahren an uns vorbei. Unser Taxifahrer raucht eine Zigarette. Sind wir schon bei unserem Hotel? Wir sind noch nicht am Hotel! Wir werden vorgeführt., denke ich. Weiß ich.

Der Ether füllt sich mit roten Staubpartikeln. Die rote Erde Kambodschas. Verbrannte Erde. Blutige Erde. Die Luft ist dicht, dick und drückend. Streunende Tiere zwischen offenem Essen und Wäsche. Eine Kuh liegt am Wegrand. Bettelnde Menschen, klopfen an die Scheiben. Ein bisschen wie Indien?!, denke ich. Mein Magen zieht sich zusammen. Ist es hier gefährlich? Möchte ich hier bleiben? Ich blicke zu Mena, die im selben Moment zu mir rüber sieht. Stirnrunzelnd vermute ich bei ihr ähnliche Gedanken. Der Taxifahrer fährt uns zu unserem Hotel. Wir wurden vorgeführt!, bin ich still-schweigend wütend.

Es ist ein chinesisches Hotel. Hiervon gibt es in Kambodscha genug. Politisch gesehen, ist Kambodscha von China abhängig. Nach dem Krieg gab es nichts. China hat das geändert. Investoren zogen prunkvolle Hotels hoch, versprachen Arbeitsplätze. Gebracht hat es nichts. Die Hotels stehen leer. Die Kambodschaner gehen leer aus.

Mit wackeligen Beinen steige ich aus dem Taxi. Alles klebt. Ich möchte duschen, den abenteuerlichen Tag abwaschen. Ich möchte ein Bier und vor allem Ruhe.

8 STUNDEN ZUVOR IN THAILAND

Improvisiertes Backpacker Frühstück

Seit 5 in der Früh sind wir auf den Beinen. Unsere letzten Thai Baht haben wir am Vorabend zusammengekratzt, um wenigstens ein kleines Frühstück zu haben. Viel ist es nicht. Es gab Sojamilch mit Cashewnüssen, Bananenscheiben und einer Prise Kelloggs. Wir servierten uns diesen Leckerbissen in unteren Hälften von 2 aufgeschnittenen, leeren Wasser-Plastikflaschen. Dann ging es mit einem selbst-organisierten Van zum Pier von Koh Chang, von dort mit der Fähre nach Trat, dann mit einem Militärtruck vom Pier zu einer Bushaltestelle. Dort stiegen wir in einen anderen, etwas größeren Van, der eine thailändische Stadt im Osten als Destination hatte. Mit dem Fahrer haben wir abgemacht, unterwegs in der Pampa zu halten, damit wir von dort irgendwie an die Grenze zu Kambodscha kommen. Denn es gibt keine direkte Verbindung an die Grenze.

Dann stellte sich heraus: Die zuvor recherchierten Busverbindungen an die Grenze gibt es nicht (mehr?). Denn die Grenzgebiete sind gefährlich. Kambodscha und Thailand streiten sich um das Land. Mitten in der Pampa stehen wir, hungrig und durstig. Erste Zweifel kommen seitens Mena auf: “Sollen wir nicht lieber einfach in Thailand bleiben?”. Wenn ich allerdings in Asien etwas gelernt habe: Geht nicht, gibt’s nicht.

In einem 7/11 fragen wir verzweifelt an der Kasse nach einer Busverbindung. Eine kambodschanische Frau hinter uns, mischte sich ein. <<Sie könne uns an die Grenze bringen>>.

Ein Telefonat später fährt ein Auto vor – mit 2 kambodschanischen Männern darin. Wir mustern sie kritisch, steigen dann aber doch ein. Riskante Sache, an so einer Grenzregion. Da eine Frau das Ganze eingefädelt hat, riskieren wir es. Per Anhalter fahren wir, nebst einer Unterhaltung mit dem Beifahrer, in die Pampa. Landwege. Offroad. Unterwegs halten wir auf einmal bei einem Haus mitten im Nirgendwo, im Dschungel. Das ist nicht die Grenze! Wir werden nervös und bekommen schwitzige Hände, schauen uns an. Mit einer Hand halte ich mein Taschenmesser geöffnet im Rucksack griffbereit, bereit es rauszuziehen. Doch dann: “I’m living here. This is my house. Visit me, when you come back to Thailand. It would be a pleasure.” Entspannung. Er ist nur stolz zu zeigen, wie er lebt. Der Beifahrer steigt aus, der andere fährt uns weiter, bis an die Grenze, die wir (nach einem Selfie mit dem Fahrer) von Thailand nach Kambodscha zu Fuß überqueren. Vor dem Grenzübergang checke ich noch einmal mein Gepäck, zu oft habe ich von Horrorgeschichten gehört, in denen Backpackern Drogen in das Gepäck geschmuggelt wurden.

Selfie mit thailändischem Anhalter

Auf der kambodschanischen Seite müssen wir dann offiziell einreisen und ein Visum beantragen – mit sehr verwirrenden Formularen. Gar nicht so einfach. Danach nehmen wir umgehend ein Taxi bis nach Battambang (3 Stunden Fahrt), denn dieser Grenzübergang ist weniger populär und gefährlicher, aufgrund hoher Kriminalität, Bandenkriege, Drogen- und Menschenschmuggler.

Vom Taxi aus, sehe ich außerdem viele skurrile Dinge. Zum Beispiel, wie eingelegte Eier in großen Glasbehältern, die in der prallen Sonne auf das Dach von einem Auto geschnallt sind und vor sich hin brutzeln. Der Darmkatarrh lässt grüßen, meine Freunde! Außerdem erschrecke ich und fallen mir fast die Glubscher raus, als wir an einem deutschen Originaltruck aus Zeiten 1940er vorbeifahren: mit fettem Hakenkreuz und SS Runen. Skurriler Anblick.

Mit fremden Thailänder per Anhalter an die Grenze zu Kambodscha

BATTAMBANG

Die Lobby des Seng Hout Hotels mit drückenden, dunklen Holzmöbeln und Kristallkronleuchter wirkt kitschig, prunkvoll und in die Jahre gekommen zugleich. Das Licht ist gedämmt. Staubig. Gräulich. Wir checken ein, steigen in den Aufzug, laufen vorbei an Bäumen mit pinken Blüten, über geflieste Balkone zu unserem Zimmer. Es ist sehr sauber und wir legen nur kurz unser Gepäck ab, da wir direkt etwas essen gehen möchten.

Ich, an der Grenze Thailand zu Fuß nach Kambodscha

Wir laufen aus dem Hotel raus. Suchen ein vegetarisches Restaurant aus Mena’s Lonely Planet Reiseführer. Laufen entlang der etwas trostlosen Promenade parallel des Sangker River. Battambang wirkt auf den ersten Blick sehr grau und trostlos. Unterwegs finden wir den von Mena angepriesenen Ticketschalter für die Bootsfahrt von Battambang nach Siem Reap. Es ist mehr ein Verschlag. Wir ziehen weiter und finden das Restaurant. Ich bestelle stoned Pot, nur wegen dem Namen. Und Frühlingsrollen und einen Saft. Wir bestellen so viel, weil wir einfach so unglaublich hungrig sind. Mir wird eine große Schale mit gebratenem Reis serviert, mit Gemüse und im Ofen gekochten, harten Ei. Es duftet und wir schlagen uns die Bäuche voll.

Dann schlendern wir zum Bootticket-Shop zurück. Nun ist die Theke besetzt und wir kaufen uns für den nächsten Morgen 2 Tickets. Los geht es um 5.30 Uhr hier an der Promenade. Fahrtzeit: locker 8 Stunden, landschaftlich aber atemberaubend. <<Es hat die letzte Zeit wenig geregnet.>>, erklärt uns der Verkäufer. Vielleicht kann das Boot gar nicht fahren, der Sangker River ist sehr niedrig.

Wir schlendern durch das dämmernde Battambang. Laufen über einen kleinen Markt. Ich kauf mir Mangosteen-Früchte, die ich schon aus Vietnam kenne und Angkor Bier (endlich!). Außerdem besuchen wir einen Supermarkt und decken uns mit Proviant für die Bootsfahrt am nächsten Tag ein. Ich kaufe mir eine Avocado und eine exotische Frucht die eine braune Schale hat, die an eine Schlangenhaut erinnert.

Zurück im Hotel: Wir springen unter die wohlverdiente Dusche und chillen uns im Anschluss auf unseren Balkon, um Bier zu trinken und die Füße in die Luft zu strecken. Wir lassen die umtriebige, nächtliche Energie Battambangs vollends auf uns einprasseln, bis wir müde ins Zimmer schlurfen und unseren Tagesrucksack für die Bootsfahrt packen, ehe wir uns erschöpft ins Bett fläzen.

Ob es mir in Kambodscha gefällt?, frage ich mich. Ob ich hier bleiben möchte?, frage ich mich. Doch während den zweiflerischen Gedanken merke ich, wie meine Augen brennen und meine Ohren rauschen. Mit dem Chill-Out Sound von Bliss in meinem MP3-Player falle ich in den Schlaf.

BACKPACKING IN BATTAMBANG – GALERIE
stoned pot, vegetarisches Gericht
Seng Hout Hotel Battambang,
Balkon zu unserem Zimmer
– mega nice

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