Magisches Sukhothai

Die schösten Tempel in Thailand – fernab des Massentourismus

Als wir aus dem Canale Hostel auschecken, sind wir völlig kaputt. Bangkok, der Jetlag, das viele Laufen und das Klima hat stark an unseren Kräften gezehrt. Wir rufen ein Taxi. Vorsichtshalber habe ich mir die Busstation Mo Chit auf thailändisch von dem Mädchen an der Rezeption aufschreiben lassen. Ich drücke dem Fahrer den Zettel in die Hand. Er spricht und versteht mehr Englisch als alle anderen Taxifahrer/innen bisher. Wir machen ihm deutlich, dass wir pünktlich am Busbahnhof ankommen müssen. Der Taxifahrer scheint sehr nett zu sein und nach 35 Minuten Fahrt, gerade in der Einfahrt und beim Passieren der Schranke, fällt der Motor aus. 2 Thais kommen zur Hilfe und schieben das Auto weiter. Wir dürfen aussteigen und lassen den armen Taxifahrer mit einem kaputten Auto zurück. Es trifft immer die Netten. 

Mo Chit – Nachtbus nach Sukhothai

Am Busbahnhof angekommen fragen wir uns durch, bis wir am richtigen Schalter ankommen und holen unser gebuchtes Ticket (12go Asia) ab. Wir suchen die Toilette auf und werden zum ersten Mal mit dem berüchtigten “Loch in dem Boden” konfrontiert. Während ich auf die Rucksäcke aufpasse, bemerke ich, wie mich eine Thai-Frau total skeptisch anstarrt. Ich grinse sie freundlich an und ihr Blick wird immer seltsamer. Sie weicht für keinen Bruchteil aus und starrt mich bestimmt 5 Minuten am Stück an.

Richtig Busfahren

Nachdem wir die Toilette aufgesucht haben, machen wir einen Abstecher bei Dunkin Donuts und 7/11. Wir decken uns mit Donuts, Chips, Cola und Wasser für die lange Busfahrt ein und warten in der Stadthalle, stinkend, schwitzend und klitschnass ca. 2 Stunden auf unseren Bus. Am Gate begegnen wir zwei Thai-Frauen, die uns freundlich anlächeln. Sie zeigen uns welches der richtige Bus ist und kurze Zeit später sitzen wir eingemummelt im stinkenden Hoodie (Achtung! Klimaanlage) im Bus und futtern unsere Snacks. Wenige Zeit später werden uns außerdem Snacks und Wasser ausgeteilt. Das gehört zu den Busfahrten dazu und ist inklusive.

Schlafbus nach Sukhothai

Nach kurzer Zeit geht das Licht aus und alle anderen Einheimischen versuchen zu schlafen. Das tun wir auch, doch die Glücksgefühle die in diesem Moment auf mich einprasseln, halten meinen Geist wach. Ich höre Musik in meinem Mp3-Player und verfasse meinen ersten Diary-Eintrag “Bangkok Teil I”. Es ziehen atemberaubende Landschaften und Thai-Bilderbuchstädten an mir vorbei, teilweise sind Städte auch überschwemmt. Trotz allem fühle ich mich sehr wohl und die Gemütlichkeit in diesem Bus ist kaum zu übertreffen. Glücksgefühle kommen hoch und ich beginne meine innerliche Anspannung loszulassen. Ich beginne loszulassen. Zuzulassen. Hinter mir zu lassen.

Endstation: Sukhothai

Zu späterer Stunde werde ich dann doch müde und schlafe ein. Die Klima bläst mir ins Gesicht, ich bekomme Kopfschmerzen und verharre für eine Stunde so. Kurze Zeit später springen alle auf. Endstation: Sukhothai. Wie kann das sein? Es ist gerade Mal 3 Uhr nachts.  Das geht jetzt nicht! Wir haben keine Unterkunft. Nachts um 3 Uhr. Im Dschungel.

Magie.

Wir steigen aus und stehen an einem einsamen Busbahnhof. Alle Busgäste werden abgeholt, oder schnappen sich ein TukTuk. Nur wir sind überfordert, wissen nicht wohin. Der TukTuk-Fahrer belästigt uns, will uns irgendwo hinfahren. Er versteht nicht, dass wir keine Unterkunft gebucht haben. Die Kopfschmerzen, das Gerede, die Moskitos, alles geht mir auf den Zeiger. Unsere Laune kippt. Der Busbahnhof leert sich und ich vernehme einen leisen Gesang von einem wohl sehr weisen, barfüßigen Mann auf einer der Bänke. Er stoppt seinen Gesang, vielleicht blende ich ihn auch einfach nur aus. Auf einer anderen Bank sitzt eine Thai-Frau in einem grauen Kittel. Sie lächelt mich liebevoll an, schaut dann aber wieder gerade aus zum Horizont, als wollte sie sich konzentrieren. Moskitos stürzen sich auf uns und am Rande der Welt, sieht man die Anmutung, wie es dort wohl gerade anfängt zu dämmern.

Willkommen im Dschungel

Ich blicke ebenfalls zum Horizont und der Himmel verfärbt sich blau-lila-rötlich-orange. Davor sehe ich Dickicht und die pechschwarze Silhouette des Dschungels: gezeichnet durch Palmen und riesige Bäume, die ich nie zuvor gesehen habe. Es ist still. Nur die Grillen zirpen und einige Vögel singen und hier und da hört man Tiergeräusche, Affen die sich durch das Dickicht hangeln. Ich fühle mich wie in eine andere Zeitzone katapultiert, irgendwo im Nirgendwo. Ich fühle mich klein und verloren, aber auf eine gute Art und Weise, oder vielleicht auch nicht. Meine Gefühle gehen spazieren. Panik macht sich in mir breit. Ängste. Wo schlafen wir? Was ist mit den nachtaktiven Malaria-Moskitos? Ich werde zunehmend gereizt und besorgt.

Indisches Morgen-Mantra

Edina verschwindet auf die Toilette und ich setze mich müde auf die mittlere Bank, zwischen die Thai-Frau und dem mysteriösen Yogi. Die Moskitos schwirren um meinen Kopf, ich habe Hunger und Kopfschmerzen, bin müde. Während ich Airbnb notgedrungen nach einer Unterkunft durchsuche, ertönt wieder ein leiser Gesang. Ganz sanft. Die Töne ergreifen mich. Der Gesang wird schwungvoller. Ich schaue zur Thai-Frau zu meiner Linken. Sie hat beide Hände flach auf ihren Schoß gelegt und schaut in den Horizont, teilweise mit geschlossenen Augen. Ich schaue nach rechts zu dem Yogi. Er sitzt im Schneidersitz, hat eine weiße Short an, den Oberkörper frei. Sein weißer Bart reicht ihm bis zum Bauchnabel. Seine Haare sind unter einem Turban versteckt. Er hat seine Augen geschlossen, muss aber spüren, dass ich ihn ansehe, denn sein Gesang wird wieder leiser. Da begreife ich die Schönheit des Momentes, die sich mir in diesem Moment in ihrer Vollkommenheit offenbart.

Samadhi – vollkommene Glückseligkeit

Mit einem Mal verliere ich meine Ängste, meine Sorgen, merke ich keine Moskitos und ist mir egal wo ich heute Nacht schlafen werde. Raus aus den neurotischen Zwängen und Sorgen, die mir in Deutschland täglich auferlegt werden. Ich streife sie ab. Beinahe von ganz alleine. Das Antlitz des Dschungels zieht mich in seinen Bann: Ich werde eins mit den Vögeln, eins mit der Stille, eins mit dem orangenen Horizont und eins mit der Thai-Frau und dem Yogi. Ich bin kein Hippie, aber ich bin glücklich. Und als hätte er diese Energie gefühlt, fängt der Yogi laut an zu singen, greift die Melodie von vorhin auf und steigert sich in der Lautstärke und Kraft bis hin zum völligen Aufgehen in der Melodie. und Musik. Seine Stimme kommt so kraftvoll und schön, mächtig und fein, dass ich Gänsehaut bekomme. Seine Stimmfarbe ist atemberaubend schön.

Grüße aus Indien

Perfekt. Es ist alles perfekt. Ich spüre den inneren Frieden und weiß: „nie war ich je glücklicher als jetzt“. Ich erwische mich, wie ich genauso andächtig wie die Thai-Frau im grauen Kittel dasitze, die Hände friedvoll in den Schoß gelegtm den Blick auf den Horizont gerichtet. Ich muss schmunzeln und denke “Samadhi”. Von Samadhi hatte ich das erste Mal während meinem Ibiza-Urlaub gehört. Die Bungalow-Besitzerin von dort war bereits in Indien und ist selbst Guru und Yogalehrerin. Sie erzählte mir von Samadhi und ich würde es selbst wissen, wenn ich diesen Zustand erreiche. Nie habe ich es verstanden – bis jetzt. “Samadhi” – das ist das vollkommene Aufgehen in einen Zustand der absoluten Glückseligkeit, des absoluten Seins. Magie. Als ich das begreife, rollt mir eine Glücksträne die Wange hinunter. Ich nehme meine Kamera und filme den Sonnenaufgang versuche den Singsang des Yogi zu erhaschen. Könnte ich diesen Moment doch nur für ewig festhalten. 

Kein Schlafplatz, kein Problem

Als Edina von der Toilette zurückkommt, wird der Guru wieder leise und verstummt. Wir durchsuchen Airbnb und haben ein Problem: es ist 3 Uhr nachts und wir haben KEINEN Schlafplatz. Hundemüde suchen wir uns ein Hostel für 7 Euro die Nacht raus und zeigen es dem Tuk Tuk Fahrer, welcher uns seit Ankunft belagert. Wir erklären ihm, dass wir nicht gebucht haben. Er sagt uns, dass das Hostel offen ist. Übermüdet wie wir sind, setzen wir uns in das Tuk Tuk, während uns der Fahrtwind um die Ohren peitscht.

Platz für Improvisation

Das rötliche Licht am Horizont wirft seinen roten Schatten auf die grauen Straßen und Gassen, während sich Stromkabel zu Hauf ineinander winden. Das Knattern des Tuk Tuk’s ist das einzig hörbare Geräusch und wir fahren vorbei an dem nächtlichen Lebensmittelhandelsmarkt für Einheimische, welcher gerade aufzumachen scheint. Eine Frau sitzt mit einem riesigen Korb Fischen auf Crushed Ice am Eck, während gegenüber, ein Händler mit einem Schubkarren voll grünem Gemüse und Kräuter steht. Es reihen sich die Mangos an die Kokosnüsse. Magisches Sukhothai, denke ich mir, als wir auf einmal rechts in einer dunklen Seitengasse abbiegen und vor einem dunklen Hof halten.

Wahre Thai-Gastfreundschaft

Ich lese TKK Homestay und denke mir: “Scheiße, das Hostel hat geschlossen”. Der Tuk Tuk- Fahrer schiebt völlig selbstverständlich die Schiebetür zum Hof auf und klopft die Inhaberin buchstäblich aus dem Schlaf. Mit verschlafenen und zusammengekniffenen Augen steht die Besitzerin in ihren Schlafsachen vor uns. Sie versteht gar nichts und sucht nach ihrem Handy um Google Translate zu nutzen. Ich spreche auch Englisch in das Handy und entschuldige mich ganz oft und erkläre, dass wir nicht gebucht haben und einen Schlafplatz brauchen. Nach 20 Minuten ist alles klar und wir füllen unseren Zettel zum Frühstückswunsch aus. Echt hart.

Traditionelle Holz-Bungalows

Wir beziehen unseren traditionellen Thai-Holzbungalow und nehmen erst einmal eine Dusche. Wir waschen Bangkok, den Reisebus, die Toilette und alles andere von uns herunter, legen uns ins Bett und können nicht schlafen. Das Adrenalin pumpt durch unsere Venen und wir beginnen laut zu lachen. Jetzt wird alles gut denken wir, als ein lautes, elektronisches Geräusch (Strom-Aggregator?) Im Minutentakt anfängt zu brummen. Als wir endlich einschlafen, wachen wir bereits um 5 Uhr morgens wieder an einem Mönchschor auf, gefolgt von indisch-klingendem Gesang. Magisches Sukhothai, denke ich mal wieder und schlafe ein.

Authentisches Thailand – authentisches Frühstück

Als wir aufwachen ist es nach 10 Uhr. Wir gehen duschen und setzen uns an einen Tisch. Die Mutter der Inhaberin (80 Jahre alt?) lächelt uns an und spricht auf Thai. Ehe Ich mich versehe, nimmt sie mich an der Hand und schlendert mit mir hinter die Bungalows und deutet auf einen Stromgenerator. Wir machen den Strom in unserem Bungalow aus und Hand in Hand schlendere ich wieder Richtung Tisch. Sie bringt uns frisch gepflückte Bananen und tischt, gemeinsam mit ihrer Tochter, das Frühstück auf. Es gibt 5 butterdurchzogene Toasts und Spiegelei, zusammen mit Beerensaft und Kaffee. Wir merken, dass sie wohl ihr eigenes restliches Essen uns zur Verfügung stellen, da sie auf unseren Besuch nicht vorbereitet waren.

Historical Park – Die schönsten Tempel in Thailand

Nach dem Frühstück nehmen wir einen Pick Up zur Old City (Historical Park). Vor Ort leihen wir uns ein Fahrrad für 30 Baht (keine 50 Cent) und fahren damit in den Park hinein. Wir verbringen dort die Zeit bis um 17 Uhr abends und bewundern die gut erhaltenen Ruinen und den top gepflegten Park von Sukhothai. Während wir den Park durchfahren, kommen uns immer wieder thailändische Schulklassen entgegen.

“Sawasdee Kha”

Die Mädchen tragen alle die gleichen Trachten und immer wenn sie uns sehen, rufen sie mit strahlenden Augen “Sawasdee Kha”. Die Sonne brutzelt vom Himmel und hier und da suchen wir Schattenplätze und machen Fotos von den Tempelruinen. Dabei begegnen uns immer wieder einheimische Schulklassen, die dann “Beautiful” rufen und über beide Ohren strahlen. Insgesamt sehen wir an diesem Tag auf dem Gelände 3 einzelne Touristen. WOW! Gerne würde ich hier mehrere Tage verbringen. Dieser Ort scheint mich magisch anzuziehen. 

Als wir wieder in unserem Bungalow ankommen, gönnen wir uns 2 Chang und sitzen auf der Veranda. Es war ein schöner Tag. So fühlt sich das authentische Thailand an.

Mönchgesang

Gegen 5 Uhr werden wir wach. Wieder einmal weckt uns ein Mönchsgesang und anschließend indisch-klingende Musik. Wieder liegt diese Magie in der Luft. Wir schlafen wieder ein und stehen wenig später zeitig auf. Zum Frühstück gibt es Mango, ein mächtiges Thai-Omelette mit Gemüse. Zusätzlich bringt sie uns eine Schale mit grünem, gebratenem Gemüse und Pilzen. Wir sollen probieren und später bekommt jeder eine Portion Reis mit Morning Glory. Es schmeckt sooo extrem lecker, aber die Menge des Frühstücks ist kaum bezwingbar. Nattinee hat uns außerdem Bustickets für Chiang Mai besorgt. Wir springen in ihr Auto und werden zum Bahnhof gefahren. Für die Biere, das Frühstück, die Bustickets und den Fahrservice zahlen wir gerade mal 13 Euro.

Chiang Mai – Auf in den Norden!

Am Busbahnhof warten wir nicht lange und dürfen in unserem Bus einsteigen. Die Fahrt beginnt nach Chiang Mai, weiter in den Norden.

Im Stefan Lose Reiseführer lese ich, dass in Sukhothai viele Hindus leben. Jetzt ergibt vieles einen Sinn: der Yogi, die indische Musik…Ich muss unbedingt wieder kommen. Irgendetwas hält mich hier.

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