„Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus unbeugsamen Willen.“
Mahatma Gandhi
Hak Hort wächst, zusammen mit mehreren Schwestern, auf dem Land von Siem Reap auf. Hier gibt es keine Asphaltstraßen und die rote, aufgewirbelte Erde, füllt den Ether mit Staub. Hak Hort hat die Nachkriegszeit als Kind erlebt. Er erinnert sich gut:
Kambodscha war in den 70ern in seiner Blütezeit. Wie in vielen Ländern z.B. auch im Iran, war Kambodscha westlich ausgerichtet. Die Wirtschaft florierte, es gab Schulen, Bildung, viele Lehrer und Geistliche. Die Leute hatten Arbeit, die Frauen trugen eine Föhnwelle und Kleider mit Stoffen wie man sie damals auch in den USA und der restlichen westlichen Welt trug. Auch Kambodscha wurde von der Hippiewelle eingenommen. Aus den Boxen tönte psychedelischer, kambodschanischer Rock, der auch gut auf Woodstocks Bühnen hätte gespielt werden können.
Mit dem Sturz des Prinzen Sihanouk, der sich in Frankreich aufhielt und Kambodscha bislang sehr diplomatisch und stabil führte, starb auch der Wohlstand. Was mit dem Regime Pol Pot’s und den roten Khmer anfing, verschmolz dann mit dem Vietnamkrieg, den Viet Cong, zu einem flächendeckenden Krieg – bei dem Kambodscha zum Austragungsort wurde. Neben dem Film „Der weite Weg der Hoffnung“, kann ich an dieser Stelle auch noch auf den Film „Apocalypse, now“ verweisen.
Nach dem Krieg liegt Kambodscha in Schutt und Asche. Es gibt keine Schulen mehr, das Land ist vermint, Kinder verweist, Menschen verkrüppelt. In all dem Scherbenhaufen wächst Hak Hort heran, auf dem kleinen Stückchen Land in Siem Reap.
Man lebt hier mit den Tieren, mit dem Land und mit dem Feld. Ackerbau und Viehzucht. Dabei spielen vor allem die Reisfelder eine große Bedeutung. Das Haus von Hak Horts Familie besteht aus Holz. Es ist vielmehr ein Schuppen auf Stelzen. Zusammen mit seinen Schwestern, meistert er den kambodschanischen Alltag inmitten vom Chaos. Man geht zu Fuß. Straßen und Autos gibt es hier nicht.
Als Hak mit seinen Schwestern durch das umliegende Land streift, um zu einem anderen Ort zu kommen, tritt er auf eine vergrabene, nicht sichtbare Mine. Das Auslösen dieser Mine kostet Hak nicht nur sein Bein, sondern seine beiden anderen Schwestern das Leben. Er ist in eine Miene getreten, die sich „nach hinten“ entleert.
„Das Auslösen dieser Mine kostet Hak nicht nur sein Bein, sondern seine beiden anderen Schwestern das Leben.“
Laura Wolf
Hak trägt seither eine schwere Last – und das mit nur einem Bein. Ich mag mir kaum vorstellen, wie es in ihm drin aussehen mag. Welche Gedanken und Gefühle ihn plagen.
Die Schwester hinter ihm stirbt umgehend, die andere Schwester dahinter wird ebenfalls vom Pulver getroffen, welches ihr Gesicht verätzt: Sie blutet aus Augen, Nase und Mund. Sie unterliegt diesen Verletzungen. Sie verblutet daran.
Hak ist damit nicht alleine. In seinem Dorf, in seiner Stadt und in seinem Land passiert das ständig. Er möchte das nicht akzeptieren. Er möchte sein Dorf von den Minen befreien und die Menschen, vor allem die Kinder, aufklären. Diese Aufklärungsarbeit beansprucht einen Großteil seiner Jugend. Er möchte auch Touristen aufklären und ist nach Fertigstellung des Landminen Museums jeden Tag dort. Er spricht Touristen an, lernt durch das Landminen Museum Englisch, erzählt seine Geschichte und bietet Touristen an, bei ihn auf dem Land zu übernachten. Von dem Geld investiert er in eine Schule in seinem Dorf und kauft sich ein Auto. Es ist das einzige Auto in seinem Dorf.
Er startet sein eigenes Projekt und vermietet die 2 Zimmer auf seinen Hof an ausländische Touristen, die umsonst mit seiner Familie essen können – wenn sie dafür den Kindern im Dorf Englisch beibringen. Es ist ein Konzept zur Entwicklungshilfe. Es ist ein Hilfeschrei. Denn das Geld von den großen Wohltätigkeitsorganisationen kommt bei ihm im Dorf nicht an. Die Menschen in seinem Dorf haben kein Auto und kommen dadurch nicht nach Siem Reap in die Stadt (1 Stunde Fahrt).
Mittlerweile haben Touristen aus 11 unterschiedlichen Ländern bei ihm gewohnt – darunter auch aus dem Nahen Osten. Die meisten von Ihnen bleiben 4-6 Monate, manche länger. Manche kommen jedes Jahr wieder.
Für mich ist Hak Hort das Gesicht von Kambodscha – zumindest auf meiner Reise. Er verkörpert für mich all das, was Kambodscha mit seinem Land und seinen Leuten ausmacht. Das Erbe des Kambodschakrieges ist kein leichtes. Die Pein und die blutige Erde sind noch heute spürbar. Verstümmelte Menschen gehören beinahe zum Alltagsbild und dennoch sind die Menschen hier so freundlich zu Touristen. Sie sind glücklich. Sie sind stark. Sie lächeln.
Auch Hak Hort ist freundlich zu Touristen. Er ist glücklich. Er ist stark. Er lächelt.
In Kambodscha lächelt man mehr, als in Deutschland.
Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen.
COMING SOON: Blogpost „Homestay Siem Reap – Zu Besuch bei Hak Hort“